Kinderdrama in Kolumbien

Eine Riesenaufgabe für unsere kleine Stiftung

Die Zahlen sind überwältigend: nach dem neuesten Bericht der Weltorganisation Save the Children ist Kolumbien, nach Venezuela, das zweite Land auf der Welt, wo die meisten Kinder misshandelt oder ermordet werden. 20 von 100´000 werden hier schändlich umgebracht, während die gleiche Messung in der Schweiz z.B. auf 0.6 kommt. Eine Riesenschande für ein Land – oder Kontinent – wo sich fast alle Menschen zum christlichen Glauben bekennen – oder dies zum mindesten  so behaupten. Zwischen Januar und Mai 2019 konnten 213 Kinder in diesem Lande nicht mehr studieren, spielen oder von ihrer Zukunft träumen. Sie wurden ermordet!! Dazu kommt, dass viele Kinder missbraucht werden: nach Meldungen der hiesigen Behörden sind es 2 Minderjährige jede Stunde. Eine weitere Schande ist die Vergewaltigung von minderjährigen Mädchen: im Jahre 2018 wurden 5’713 Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren vergewaltigt und  geschwängert.

Warum ist dem so??  Hier einige Gründe:

Seit 50 Jahren hat Kolumbien  im Banne der Gewalt gelebt: mehrere Guerrillagruppen versuchten die Staatsgewalt zu untermauern und selber, mit marxistischen Staatsvorstellungen, an die Macht zu kommen. Dies hat in all diesen Jahren rund 250’000 Todesopfer gefordert. Unter diesen Toten hat es natürlich eine grosse Reihe von Kindern und Minderjährigen gegeben. Auf diese Weise ist der Zugriff zur Gewalt  geblieben, vor allem den Kindern gegenüber. ”Wer nicht hören will, muss fühlen”, oder “in einer Hand das Brot, in der anderen der Stock”, etc…

Ein weiterer Grund ist sicher die enorme Armut weiter Schichten der kolumbianischen Bevölkerung. Diese stieg gerade durch den langen Krieg gewaltig an: man rechnet heute mit rund 8 Millionen Menschen, die ihren angestammten Lebensraum verlassen und fliehen mussten und in den grossen Städten ein bisschen Sicherheit suchten. Und gerade hier, wie fast immer, sind die Kinder die Leidtragenden: sie werden geschlagen, misshandelt und sogar umgebracht, wenn sie ihre Rechte fordern.

Aber auch der weitverbreitete Anbau und die Herstellung von Kokain macht vor den Kindern nicht Halt. Sie werden  gezwungen mitzuhelfen bei diesem ganzen Prozess und viele von ihnen werden dann selber noch süchtig.

Andere, früh von ihren Eltern verlassen,  vor allem von den Vätern, müssen sich  bald um ihr eigenes Leben kümmern. Wenn sie dabei keine Unterstützung von aussen erhalten, landen die allermeisten im Elend und in der Gewalt. Gewalt, die sie selber ertragen müssen oder aber an anderen ausüben, wie wir dies tausendfach in diesen Jahren beobachten konnten

Unsere Aufgabe mit den Kindern in den letzten 30 Jahren

Nach Angaben der Leiter-Innen verschiedener Kinderprojekte unserer Stiftung konnten wir in all diesen Jahren rund 50’000 Kinder betreuen. Die allermeisten in den ärmsten Gebieten des Landes, vor allem in den Grossstädten; in erster Linie Bogotá. Dabei konnten wir auf fogende Weise in der Verbesserung der Lebensverhältnisse dieser Kinder einwirken:

Unsere Mitarbeiter-innen besuchen diese bitterarmen Familien, oder was von ihnen übrig geblieben ist. Dabei geht es immer in erster Linie um die Kinder: ihre Umgebung, die Ernährung, die Erziehung, die Gesundheit etc. Von diesen Besuchen werden immer Statistiken erstellt um dann ein Hilfsprogramm zu erstellen.

Ein weiterer Schritt ist die Errichtung von Kinderhorten, wo die notleidenden Kinder gesammelt, mit Liebe und Verständnis aufgenommen, die für ihren jeweiligen Zustand notwendigen Nahrungsmittel erhalten und  auf ihren Gesundheitszustand geprüft und so, nach den geltenden Menschenrechten, behandelt und erzogen werden.

Von enormer Wichtigkeit ist die Einbeziehung der Eltern, meistens der Mutter. Immer im Dialog werden die wichtigsten Themen behandelt: die Verantwortung der Eltern, die wirtschaftliche Situation und ihre Konsequenzen, die möglichen Wege finden um den Kindern eine bessere Zukunft zu bieten etc.

Diese, so beschriebene Arbeit mit Kindern kann natürlich nicht von unserer Stiftung allein bewerkstelligt werden. So suchen wir immer (und finden auch) staatliche Organisationen, Quartiervereine, Elterngruppen etc., die eng mit uns die vorgegebenen Ziele zu erreichen suchen.

Dabei muss vo rallem von den Frauen und Müttern (auch Männer, aber weniger) gesprochen werden, die wir in diesen Erziehungs- und Verbesserungsprozess einschalten und ausbilden. Diese sind dann immer, auf autonome Weise, zuständig, dass die Prozesse weitergeführt werden, wenn wir uns schrittweise zurückziehen. Doch in den allermeisten Fällen begleitet unsere Stiftung diese Arbeit auf Jahre hinaus, nicht mehr finanziell, doch immer mit Besuchen, Treffen und Ratschlägen.

Einleitung: 30 Jahre Stiftung Apoyar

Kurz nach meiner Entführung  im Jahre 1988 entschlossen wir uns eine neue Stiftung zu gründen. Nach reiflichen Überlegungen und in Anbetracht der bis dahin gemachten Erfahrungen in der Sozialarbeit kamen meine Frau Ana Dilia und ich mit einigen weiteren Sozialarbeitern zu diesem Entscheid.

Die bisher erzielten Resultate lassen sich sehen: sei es mit Kleinkindern, Jugendlichen, Frauen oder Bauernfamilien = vor allem mit  Menschen, die wegen der andauernden Gewalt fliehen mussten. Auf diese Weise konnten wir immerhin rund 280’000 Menschen auf ihrem nicht leichten Weg etwas unterstützen, “apoyar”.

In meinem Blog möchte ich nun monatlich mit einem Beitrag von dieser Arbeit berichten.

Mir ist klar, dass unser Bemühen in diesen 30 Jahren eigentlich nur ein Tropfen  im Meer ist, wie Mutter Teresa von Kalkuta von ihrer Arbeit sagte, “doch wenn er nicht dort wäre, würde er fehlen”.